Thema: Weinlogistik

Magazin: logistics (Deutsche Bahn)

Textauszug:

Guter Wein kann warten

Sparsame Leute sind Weinbauern. Das beginnt schon damit, wie sie sich durch den Weinberg bewegen. Sie gehen nicht, sie setzen buchstäblich einen Fuß vor den anderen. „Wir haben hier am Berg Steigungsprozente von durchschnittlich 50, an manchen Stellen sind es sogar 70“, sagt Joachim Lorenz. Da heißt es mit den Kräften haushalten.

Der Winzer aus Boppard am Rhein arbeitet in einem wahren Idyll: Das Obere Mittelrheintal zwischen Loreley und Deutschem Eck gehört zu den traditionsreichsten Weinanbaugebieten Deutschlands. Hier im Bopparder Hamm gedeiht auf Schieferboden ein frischer Riesling. Von insgesamt 75 Hektar am „Prallhang“, wie diese extreme Berglage im Fachjargon heißt, bewirtschaftet das Weingut Lorenz vier. Und das seit Generationen. "Unsere Ahnentafel reicht  fast 300 Jahre zurück" sagt der Winzer. Kein Zufall, denn die extreme Lage der Weinstöcke, ist nicht jedermanns Sache: „In den Steilhang musst Du reingeboren werden. Sonst überlebst du als Winzer nicht“, weiß Lorenz. Den vier Hektar ringt der Weinbauer pro Jahr  durchschnittlich 30.000 Liter Wein ab. Am oberen Ende der Skala finden sich Großproduzenten wie Schloss Johannisberg im Rheingau mit einem Jahresausstoß von 900.000 Flaschen.

Kleinere Winzerbetriebe wie Lorenz sind das Rückgrat des Weinanbaus weltweit: Familienbetriebe, die hart arbeiten, um auf ihre Erträge zu kommen. Solche Leute wollen ihren Wein in gute Hände geben, wenn er den Weg zum Kunden antritt. „Wenn man wie wir Minimum zwölf Stunden am Tag auf den Beinen ist, muss der Rest auch perfekt klappen“, sagt Lorenz, „alles andere wäre vergebliche Arbeit.“

So fängt die Logistikkette von Wein schon da an, wo es sie eigentlich noch gar nicht gibt: An der Wohnungstür des Winzers. Denn Wein gehört zu den wenigen Qualitätsprodukten, die der Endverbraucher noch direkt vom Erzeuger beziehen kann. So wie in der Ablaßgassse 4 in Boppard, wo das Weingut Lorenz seine Privatkunden empfängt. Ein kleines Schaufenster neben der Eingangstür mit den Erzeugnissen des Hauses, darüber ein Schild mit den Öffnungszeiten: „Aber auch außerhalb der Kernzeiten beraten wir Sie gern. Bitte also jederzeit klingeln!“, heißt es ganz pragmatisch. (...)